Der Bungalow, einst als bescheidene Behausung in den ländlichen Regionen Indiens entstanden, hat sich zu einer weltweit geschätzten Wohnform entwickelt. Ursprünglich als einfache, einstöckige Struktur mit einer Veranda konzipiert, wurde der Bungalow im 19. Jahrhundert von britischen Kolonialisten nach Europa gebracht und erlangte bald darauf Popularität als Sommerresidenz.
Die Vorzüge des Bungalows liegen auf der Hand: Seine ebenerdige Bauweise bietet Barrierefreiheit und eignet sich daher besonders für ältere Menschen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität. Und da sich alle Räume auf einer Ebene befinden müssen statische Vorgaben oder Versorgungsleitungen aus darüberliegenden Geschossen nicht berücksichtigt werden. Das ermöglicht die Umsetzung offener Raumkonzepte.
Ein herausragendes Beispiel für die moderne Interpretation des Bungalows ist das Case Study House No. 22 in Los Angeles, entworfen von Pierre Koenig.
Der Grundriss des 1960 fertiggestellten Hauses ist offen und fließend. Die Innenräume werden dadurch flexibel und vielseitig. Durch die großflächigen Glasportale wird der Bungalow mit Tageslicht durchflutet. Die transparente Fassade ermöglicht so eine nahtlose Verbindung zwischen Innen- und Außenbereichen.
Weltweit bekannt wurde das Haus durch ein Foto des Fotografen Julius Shulman. Es zeigt die minimalistische Architektur des Gebäudes, das über dem nächtlichen Los Angeles „schwebt“.
Bei unserem Projekt „VILLA L“ haben wir die Vorteile eines Bungalows aufgegriffen, und mit den Wünschen unserer Kund*innen nach einem großzügigen, nicht einsehbaren Gartenbereich verbunden. Der Entwurf sieht vor, dass sich die Wohn- und Privatbereiche um einen 150 m2 großen Innenhof gruppieren. Unabhängig von der aktuellen und möglichen zukünftigen Bebauung der unmittelbaren Nachbarschaft gestalten wir eine Wohnlandschaft, bei der der Außenraum frei von störenden Einflüssen in das Gesamtkonzept integriert wird.
Das Ergebnis ist ein außergewöhnliches Wohnerlebnis in dessen Mitte eine grüne Oase zum Verweilen einlädt.
Nur ganz gezielt platzierte Öffnungen in der Fassade erweitern den Wohnraum zur Nachbarschaft. Dies verschafft den Bewohner:innen im dicht bebauten Siedlungsgebiet einen Bezug der Wohnbereiche zum Außenraum, bei gleichzeitiger maximaler Privatsphäre. Zusätzlich öffnet sich der zentrale Wohnbereich nach Westen hin zu einem weiteren geschützten Gartenbereich. Dadurch bleibt die gewünschte Privatsphäre erhalten und die Nachmittags- und Abendsonne gelangt tief in das Gebäudeinnere.
Als Atrium oder Lichthof wird üblicherweise ein recht- oder mehreckiger, nicht überdachter Innenraum in der Mitte eines Gebäudes bezeichnet. Sämtliche umliegenden Räume sind vom Atrium ausgehend direkt begehbar. Bei unserer Villa gliedern sich sämtliche Wohnbereiche, mit einer Fläche von 500 m2, um das 150 m2 große Atrium.
Mit seiner offenen und einladenden Atmosphäre, dient das Atrium nicht nur als familiärer Treffpunkt, sondern auch als natürliche Klimaanlage, die durch passive Förderung der Luftzirkulation zur Energieeffizienz des Gebäudes beiträgt.
Aufgrund seiner eingeschossigen Bauweise wirkt der Neubau im Stadtraum sehr zurückhaltend. Die Wahl natürlicher Materialien und die Begrünung verstärken den unaufdringlichen Charakter des äußeren Erscheinungsbildes.
Die eingeschossigen Außenmauern werden in Lehmbauweise errichtet und die Massivholz-Dachkonstruktion erhält ein Gründach. Einer der herausragendsten Pluspunkte des Gründachs ist die Verbesserung der städtischen Luftqualität. Pflanzen auf Gründächern produzieren Sauerstoff und reduzieren die Menge an CO2 in der Luft. Dadurch wirken sie als natürliche Filter für Schadstoffe und Feinstaub, was besonders in dicht besiedelten Städten von großer Bedeutung ist. Zudem fördern Gründächer die Regulierung des städtischen Mikroklimas, indem sie zur Kühlung der Gebäude beitragen und so den Einsatz von Klimaanlagen reduzieren können. Dies führt zu einer Senkung des Energieverbrauchs und damit auch der Betriebskosten. Ein weiterer Vorteil ist die Erhöhung der Biodiversität in städtischen Gebieten. Gründächer bieten Lebensraum für verschiedene Pflanzen- und Tierarten und tragen somit zur Erhaltung der Artenvielfalt bei.
Aber auch ästhetisch gesehen bieten Gründächer eine ansprechende und lebendige Alternative zu herkömmlichen Dachlandschaften und sind somit lohnende Investition für die Zukunft, die sowohl die Umwelt als auch die Lebensqualität in urbanen Räumen nachhaltig verbessern kann.
Das geschwungene, über dem zentralen Wohnbereich schwebende Dach, verleiht dem Gebäude eine besondere Note und zeichnet sich in der Landschaft als formgebendes Element ab. Diese spezielle Dachform ermöglicht einen Rückzugsort, der über dem Gründach schwebt und einen weitläufigen Fernblick ermöglicht. Ein Ort, weit weg vom Trubel, um zu meditieren, Billard zu spielen oder einfach nur, um dem Alltag zu entfliehen und die Ruhe und Weite zu genießen. Der Zugang zu diesem speziellen Ort erfolgt über eine, hinter einer Tapetentüre, versteckte Treppe. Nicht jeder kennt das Versteck und daher ist es ein perfekter Rückzugsbereich.
Planung & Fotos: junger_beer architektur / wien
Foto Case Study House No. 22: Julius Shulman / Quelle Internet